Entwicklungspolitik geht nicht ohne menschliches Antlitz

Offener Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel zur Situation im Mittelmeer

Die Arbeitsgemeinschaft der Eine Welt-Landesnetzwerke hat sich mit einem offenen Brief solidarisch mit den 234 Menschen auf dem Rettungschiff "Lifeline" erklärt. Die "Lifeline" darf, wie die "Aquarius" zuvor, nicht in Italien oder Malta anlegen und Italiens Innenminister Salvini droht gar mit der Beschlagnahme des Schiffes.

Der offene Brief kann auch hier heruntergeladen werden: Entwicklungspolitik geht nicht ohne menschliches Antlitz (*.pdf)

Entwicklungspolitik geht nicht ohne menschliches Antlitz

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel,
das Rettungsschiff „Lifeline“ rettete vor wenigen Tagen 234 Menschen vor dem Ertrinken im Mittelmeer, aber sie dürfen europäisches Festland bisher nicht betreten. Grund dafür sind politische Unstimmigkeiten in der Europäischen Union. Geflüchtete Menschen, die erschöpft, verfolgt, misshandelt und traumatisiert sind, sind zum Spielball europäischer Machtkämpfe geworden. Jeder einzelne dieser Fälle ist eine humanitäre Notlage. Mit der Abweisung an den europäischen Häfen zeichnet sich ein dystopisches Bild von Europa ab, ein Europa der menschlichen Kälte, der Abschottung und der brutalen Zurückweisung von Menschen, die Zuflucht suchen.

Unsere Kollegin Aline Watermann entschied sich dafür, im Mittelmeer auf der „Lifeline“ Menschen in Not zu helfen. Derzeit befindet sie sich auf dem Schiff und informiert uns direkt und zeitnah über die Lage vor Ort. Aktuelle Informationen dazu werden auf der Internetseite des eine Welt Netz NRW veröffentlicht: https://eine-welt-netz-nrw.de/index.php?id=637.
 
Entwicklungspolitik ist ein wichtiges Arbeitsfeld globaler Politik, für Deutschland wie für Europa. Entwicklungspolitik geht nicht ohne menschliches Antlitz – sie muss Hand in Hand gehen mit einer humanen Politik an den europäischen Außengrenzen. Nach dem Prinzip: Wir unterstützen die Verbesserung der Lebensbedingungen vor Ort – Geflüchtete finden unseren Schutz.
 
Entwicklungspolitik muss sich konsequent dafür einsetzen, dass sich die Lebensverhältnisse in allen Ländern der Erde verbessern. Insofern verstehen wir sie auch als Beitrag zur Bewältigung von Ursachen von Flucht – sie darf nicht als Migrationsabwehr instrumentalisiert und missbraucht werden. Wir machen uns und unsere Entwicklungspolitik in der Welt unglaubwürdig, wenn wir einerseits von „Partnerschaften“ mit Ländern und Menschen des Südens sprechen, und andererseits geflüchteten Menschen in Notlage nicht zu helfen verstehen. Mit großer Sorge beobachten wir die Kriminalisierung der Seenotrettung, die von zivilgesellschaftlichen Organisationen durchgeführt wird.
Wir möchten Sie bitten, kurzfristig mit all Ihrem politischen Gewicht eine schnelle und humane Lösung für die Menschen auf der „Lifeline“ und aller anderer Geretteter zu ermöglichen. Für die Zukunft bitten wir Sie, am Gedanken eines menschlichen Europas festzuhalten und eine ebensolche Politik zu verfolgen.
Im Namen der Eine-Welt-Landesnetzwerke in den 16 Bundesländern bitten wir Sie, sich dafür unnachgiebig einzusetzen.

Mit ausgezeichneter Hochachtung

Udo Schlüter

Dr. Simon Ramirez-Voltaire

Vorstandsvorsitzender

Geschäftsführung




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